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FAQ zum Thema Arzthaftungsrecht

Das Thema Arzthaftungsrecht ist sehr komplex, dennoch gleichen sich häufig die gestellten Fragen. Deshalb haben wir für Sie eine FAQ, passend zum Thema, erstellt.
Unter Arzthaftung wird die Haftung eines Arztes oder Krankenhausträgers wegen eines Verstoßes gegen den medizinischen Standard im Zusammenhang mit der Behandlung und Diagnosestellung verstanden. Weiterhin versteht man darunter die Haftung eines Arztes oder Krankenhausträgers wegen eines Versäumnisses bei der Aufklärung des Patienten. Wichtig ist hierbei, dass eine Haftung wegen eines Aufklärungsfehlers eigenständig neben derjenigen wegen eines Behandlungs- bzw. Diagnosefehlers steht.
Nach einer ärztlichen Behandlung, welche zu einem körperlichen Schaden des Patienten geführt hat, kommen Ansprüche auf Zahlung eines angemessenen Schmerzensgelds in Betracht. Zudem kann der Ersatz sämtlicher materieller Schäden, die aus der Behandlung resultieren, in Betracht gezogen werden. Materielle Schäden sind beispielsweise Ansprüche auf Verdienstausfall, eine Entschädigung für den Ausfall im Privathaushalt, Ersatz von Pflegekosten, Fahrtkosten, Medikamentenkosten, notwendiger Anschaffungen usw. Die Aufzählung kann nicht abschließend sein. Bei Todesfällen kommen darüber hinaus Ansprüche auf Ersatz von Beerdigungskosten sowie Ansprüche auf Ersatz eines Unterhaltsschadens in Betracht. Art und Höhe der möglichen Ansprüche sind stets vom jeweiligen Einzelfall abhängig.
Die Antwort auf diese Frage hängt sehr stark vom zugrunde liegenden Einzelfall ab. Nur selten sind Behandlungsfehler derart eindeutig, dass von vornherein eine gewisse Erfolgsprognose abgegeben werden kann. In den meisten Fällen stellt sich erst nach Vorliegen eines medizinischen Gutachtens die Sicht klarer dar (weitere Informationen unter „medizinisches Gutachten“). Bereits zu Beginn eines Mandates eine konkrete Aussage zum genauen Ausgang der Rechtsstreitigkeit zu machen, wäre unseriös und wird daher durch uns auch nicht praktiziert.
Eine standardisierte Vorgehensweise für jeden betreffenden Einzelfall gibt es nicht. Die Vorgehensweise muss an die jeweiligen Besonderheiten des Einzelfalls angepasst werden. Grundsätzlich ist es sowohl möglich, zunächst ein fachmedizinisches Gutachten einzuholen, um mögliche Behandlungsfehler prüfen zu lassen; als auch, den Arzt/das Krankenhaus direkt mit den zu erhebenden Vorwürfen zu konfrontieren. Als Faustregel kann gelten, dass die Einholung eines Gutachtens vor Anspruchserhebung umso mehr Sinn macht, je komplexer und umfangreicher der zugrunde liegende Sachverhalt, sowohl in tatsächlicher als auch in fachmedizinischer Hinsicht, ist. Welche Möglichkeiten der Einholung eines fachmedizinischen Gutachtens bestehen, wird weiter unten unter „medizinisches Gutachten“ erläutert.
Der Patient hat einen Anspruch darauf, dass der Arzt bzw. das Krankenhaus ihm Kopien der über ihn geführten Behandlungsunterlagen gegen Kostenerstattung anfertigt und überlässt. Dies gilt nicht erst seit dem Inkrafttreten des sogenannten Patientenrechtegesetzes. Einen Grund braucht der Patient dafür nicht anzugeben. Die Einsicht in die Behandlungsunterlagen des beschuldigten Arztes oder Krankenhauses stellt auch für den Patientenanwalt in aller Regel einen der ersten und wichtigsten Arbeitsschritte dar. Der Patientenanwalt kann auf diese Weise das Behandlungsgeschehen, wie es dokumentiert ist, mit den Schilderungen des Patienten abgleichen. Mögliche Lücken, Widersprüche oder Ungereimtheiten in der Dokumentation können damit aufgedeckt werden, sowie Ansatzpunkte für Behandlungs- oder Aufklärungsfehler erkannt werden. In vielen Fällen bedarf es im Anschluss aber noch einer Auswertung der Behandlungsunterlagen durch einen fachmedizinischen Gutachter, bzw. dies kann im Einzelfall sinnvoll sein.

Wie weiter oben bereits ausgeführt, ist es des Öfteren sinnvoll, dass sich ein medizinischer Gutachter mit der streitbefangenen ärztlichen Behandlung auseinandersetzt. Damit kann in bestmöglicher Art und Weise Ansatzpunkte für ärztliche Behandlungsfehler herausgefunden werden. Längst nicht in allen Fällen ist es erforderlich, zur Formulierung von Behandlungs- und Aufklärungsfehlern, ein medizinisches Gutachten vorab einzuholen. Wie sinnvoll oder notwendig ein solches Gutachten vor Anspruchserhebung ist, hängt stets vom Einzelfall ab. Je nach Besonderheiten des Falls raten wir dann zur Einholung eines solchen Gutachtens. Im außergerichtlichen Bereich bestehen grundsätzlich drei Möglichkeiten, ein fachmedizinisches Gutachten zu erhalten. Stets möglich ist es, einen privaten, unabhängigen fachmedizinischen Gutachter zu beauftragen. Dabei muss der Patient in diesem Fall die Kosten für ein solches Gutachten selbst bezahlen. Eine eventuell vorhandene Rechtsschutzversicherung zahlt die Kosten eines privaten Gutachters nicht. Sollte es im weiteren Verlauf zu einer Schadenregulierung durch die Versicherung des Arztes oder Krankenhauses kommen, so beteiligen sich die Versicherungen oftmals an den Kosten des privaten Gutachtens. Sicher ist dies aber nicht und kann auch nicht für den Einzelfall vorhergesehen werden. Ein für den Patienten kostenloses Gutachten kann entweder – bei gesetzlich Versicherten – über die Krankenkasse und dem angegliederten Medizinischen Dienst oder aber über die in ganz Deutschland eingerichteten Gutachter- und Schlichtungsstellen der jeweiligen Ärztekammern eingeholt werden. Wie sinnvoll bzw. zielführend die Einschaltung der Krankenkasse oder der Ärztekammer im Einzelfall ist, ist ebenfalls vom Einzelfall abhängig und wird regelmäßig durch uns geprüft.

Kommt es zum Gerichtsprozess gegen den betreffenden Arzt oder das betreffende Krankenhaus, so wird in nahezu jedem Fall durch das Gericht ein fachmedizinischer Gutachter beauftragt. Im Gegensatz zur Beauftragung eines privaten Gutachters gilt hier, dass eine bestehende Rechtsschutzversicherung, welche für ein Gerichtsverfahren Kostendeckung zugesagt hat, auch die Kosten eines solchen, vom zuständigen Gericht in Auftrag gegebenen Gutachtens zahlen muss.

Jedes Arzthaftungsmandat dauert im außergerichtlichen Bereich mindestens einige Monate. Die Dauer richtet sich nach mehreren Faktoren, so beispielsweise Umfang und Schwierigkeit des Falls, Regulierungsbereitschaft der Haftpflichtversicherung des Arztes/Krankenhauses, Einschaltung eines fachmedizinischen Gutachters usw. Wird beispielsweise ein Schlichtungsverfahren bei der Ärztekammer vorgenommen, so verlängert sich die Dauer der außergerichtlichen Phase in aller Regel um ein bis zwei Jahre. Dies ändert aber nichts daran, dass ein Begutachtungsverfahren über die Ärztekammer in vielen Fällen sinnvoll sein kann. Wird ein Gutachten über den Medizinischen Dienst der Krankenkasse eingeholt, so dauert dies in aller Regel nochmals drei bis sechs Monate. In nahezu keinem Fall wird, ohne dass außergerichtlich versucht worden ist, Schmerzensgeld bzw. Schadensersatz zu erlangen, sofort ein gerichtliches Klageverfahren durchgeführt.
Arzthaftungsverfahren dauern vor deutschen Gerichten in der ersten Instanz, für welche in aller Regel ein Landgericht zuständig ist, mindestens 1,5 Jahre. Zum Teil beträgt die Dauer aber 2 bis 5 Jahre. Die Dauer ist von Gerichtsbezirk zu Gerichtsbezirk unterschiedlich und hängt auch mit der jeweiligen Belastung des mit der Sache befassten Gerichts zusammen. Auch eine Vielzahl weiterer Faktoren beeinflussen die Dauer eines Arzthaftungsverfahrens. Beispielsweise wenn mehrere Gutachten durch das Gericht eingeholt werden oder wenn der Sachverhalt so komplex und umfangreich ist, dass der Schriftverkehr umso ausführlicher sein muss. Patienten sollten sich aber von der womöglich sehr langen Dauer eines gerichtlichen Verfahrens nicht entmutigen oder sonst wie negativ beeindrucken lassen. In vielen Fällen bleibt es im gerichtlichen Verfahren nicht bei der ersten Instanz. Denn diejenige Partei, die mit einem ganz oder teilweise zu ihren Lasten ausfallenden Urteil des erstinstanzlichen Gerichtes nicht einverstanden ist, hat das Recht, das Urteil im Berufungsverfahren durch das höherrangige Gericht, in aller Regel das zuständige Oberlandesgericht, überprüfen zu lassen. Berufungsverfahren beim zuständigen Oberlandesgericht dauern aber in Arzthaftungsangelegenheiten in aller Regel nicht so lange wie das erstinstanzliche Verfahren. Nicht ausgeschlossen ist es, dass sich auch noch eine dritte Instanz, dann beim Bundesgerichtshof, anschließt. Dies ist aber eher in der geringeren Zahl der Fälle erforderlich bzw. geboten.
Bei Behandlungen im Krankenhaus wird in aller Regel der zuständige Rechtsträger der jeweiligen Klinik in Anspruch genommen. Denn in aller Regel wird mit dem Rechtsträger des Krankenhauses der Behandlungsvertrag abgeschlossen, so dass vertragliche Ansprüche gegen den Krankenhausträger zu richten sind. In manchen Fällen kann es geboten oder sogar erforderlich sein, nicht den Krankenhausträger, sondern den behandelnden Arzt persönlich in Anspruch zu nehmen. So haftet beispielsweise bei einer Behandlung durch einen Belegarzt nicht der Krankenhausträger, in dessen Räumlichkeiten der Belegarzt tätig war, sondern der Belegarzt persönlich. Soll ein behandelnder Krankenhausarzt in einem gerichtlichen Verfahren als Zeuge ausgeschaltet werden, so kann es sich empfehlen, diesen Arzt, ggf. zusätzlich zum Krankenhausträger, auch persönlich in Anspruch zu nehmen. Bei Behandlungen in einer Praxis eines niedergelassenen Arztes wird regelmäßig der behandelnde Arzt persönlich auf Schmerzensgeld/Schadensersatz in Anspruch genommen. Besonderheiten können sich ergeben, wenn die Behandlung in einer Gemeinschaftspraxis oder Praxisgemeinschaft erfolgt, oder wenn es sich um die Behandlung durch einen sogenannten Durchgangsarzt handelt. Diese Besonderheiten im Einzelnen darzustellen, würde aber an dieser Stelle den Rahmen sprengen.

Nur ein Rechtsanwalt, welcher sich schwerpunktmäßig bzw. ausschließlich mit dem Arzthaftungsrecht beschäftigt, ist in der Lage, sich die erforderliche Erfahrung auf dem komplexen Gebiet des Arzthaftungsrechtes zu erarbeiten, welche für eine sachgerechte Mandatsbearbeitung dieser Fälle erforderlich ist. Durch den Erwerb des Titels eines Fachanwalts für Medizinrecht dokumentiert der Rechtsanwalt, dass er weit über dem Durchschnitt liegende theoretische Kenntnisse sowie praktische Erfahrungen auf dem Gebiet des Medizinrechts aufweist, welches es ihm ermöglichen, komplexe medizinrechtliche Fälle kompetent zu bearbeiten.

Ein Fachanwalt für Medizinrecht ist darüber hinaus nach den einschlägigen berufsrechtlichen Bestimmungen verpflichtet, sich regelmäßig auf seinem Fachgebiet fortzubilden. Zudem muss gegenüber der zuständigen Rechtsanwaltskammer die entsprechende Fortbildung jährlich nachgewiesen werden. Gerade im Bereich des Arzthaftungsrechtes hat es sich immer wieder herausgestellt, dass ein auf diesem Gebiet nicht spezialisierter bzw. nicht schwerpunktmäßig tätiger Rechtsanwalt nur allzu oft über die besonderen „Fallstricke“ auf dem Gebiet des Arzthaftungsrechts stolpert, wodurch dem Mandanten möglicherweise ein Schaden entstehen kann.

Zum Thema Kosten halten wir für Sie in unserem Blog einen umfangreichen separaten Informationstext zur Verfügung.

Wenn ein Arzt seinen Patienten fehlerhaft behandelt, so liegt in der Regel auch ein strafrechtlich relevantes Verhalten in Form einer fahrlässigen Körperverletzung oder fahrlässigen Tötung vor. Wir raten aber in aller Regel von der Veranlassung bzw. Durchführung eines Strafverfahrens gegen den Arzt ab. Dies hat in erster Hinsicht den Hintergrund, dass die zivilrechtliche Beanspruchung von Schmerzensgeld und Schadensersatz, welche von eventuellen strafrechtlichen Aspekten vollständig zu trennen ist, durch die Veranlassung eines Strafverfahrens massiv behindert wird. Denn der gesamte Vorgang befindet sich nicht nur während der Dauer des Strafverfahrens bei der zuständigen Staatsanwaltschaft bzw. dem zuständigen Strafgericht, sondern sämtliche Haftpflichtversicherer stellen für die Dauer eines parallel laufenden Strafverfahrens in der Regel sämtliche Regulierungsbereitschaft ein. Die mögliche Erzielung eines Schmerzensgeldes oder Schadensersatzes würde daher unnötig lange verzögert. Darüber hinaus ist der persönliche Nutzen einer möglichen Bestrafung des Arztes für den Patienten infrage zu stellen. Ferner gelten im Strafrecht teilweise andere Grundsätze als im Zivilrecht, was die Haftungsvoraussetzungen anbetrifft.