Sachverhalt
Das OLG Hamm hatte darüber zu entscheiden, wie ein niedergelassener Gynäkologe die Auswertung eines routinemäßig geschriebenen CTG einer Schwangeren organisieren muss und wie auf ein silentes CTG mit einem im Doppler-Ultraschall erkennbaren Reverse Flow in der Nabelschnurarterie zu reagieren ist sowie zu den Folgen einer grob fehlerhaften gynäkologischen Behandlung in einer solchen Situation. (Leitsatz der Pressestelle des OLG Hamm)
Der Fall stellt sich wie folgt dar:
Während einer zunächst unauffällig verlaufenden Schwangerschaft ließ sich die Mutter des Klägers in der Praxis des Beklagten behandeln. Es wurde sodann routinemäßig ein CTG angefertigt, welches jedoch auf eine Sauerstoffunterversorgung des Kindes hinwies. Der Kläger hätte aufgrund dieses CTGs schnellst möglich entbunden werden müssen. Der Beklagte Arzt nahm das CTG jedoch erst nach 50 Minuten zur Kenntnis, machte sodann eine Ultraschalluntersuchung und wies die Mutter des Klägers an zunächst nach Hause zu fahren, dort ihre Tasche zu holen und die Entbindungsklinik aufzusuchen. Der Kläger hat schwere Beeinträchtigungen aufgrund der Sauerstoffunterversorgung und
Zunächst wurde die Klage abgewiesen
In I. Instanz hat das Landgericht Münster die Klage abgewiesen, da Behandlungsfehler aufgrund des eingeholten Sachverständigengutachtens nicht feststünden. Hiergegen hat der Kläger das Rechtsmittel der Berufung eingelegt. Das OLG Hamm hat im Rahmen des Verfahrens ein neues Sachverständigengutachten eines anderen Sachverständigen eingeholt, da es die Ausführungen des in der Vorinstanz beauftragten Gutachters nicht für überzeugend hält.
Der 3. Zivilsenat des OLG Hamm hat sodann der Schadensersatzklage des Kindes überwiegend stattgegeben und den beklagten Arzt zur Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 400.000 € verurteilt.
Nach den Erwägungen des Oberlandesgerichts steht fest, dass der Beklagte die Mutter des Klägers grob fehlerhaft behandelt hat. Das CTG hätte innerhalb von 15-20 Minuten nach dessen Beendigung ausgewertet werden müssen. Insoweit ist es hier zu einer Verzögerung von 30 Minuten gekommen. Auch aufgrund einer hier vorliegenden Hochrisikokonstellation - stummes (silentes) CTG und im Doppler-Ultraschall erkennbarer umgekehrter Blutfluss (Reverse-Flow) in der Nabelschnurarterie-hätte die Mutter des Klägers schnellstmöglich mittels eines Rettungswagen in die Entbindungsklinik gebracht werden müssen. Er hat dabei insbesondere versäumt der Mutter den Ernst der Lage zu verdeutlichen und die Erforderlichkeit schnellstmöglich das Krankenhaus aufzusuchen. Hier ist es zu einem weiteren Zeitverlust von 15 Minuten gekommen.
Erhebliche zeitliche Verzögerungen führen zur Schwerstschädigung des Klägers
Aufgrund des fehlerhaften Behandlungsgeschehens wurde der Kläger mit einer Verzögerung von jedenfalls 45 Minuten entbunden. Aufgrund der Sauerstoffunterversorgung kam er mit schweren dauerhaften körperlichen und geistigen Schäden zur Welt.
Das Urteil ist jedoch noch nicht rechtskräftig, da eine Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof eingelegt wurde.